Der Arzt ist weniger unterhaltsam. «Das ist nur ein Stück Fleisch», sagt er, «Muskel», sagt er, «ist nicht schlimm, das wächst nach. Bleibt vielleicht 'ne kleine Delle oder Narbe», sagt er, «das sieht dann sexy aus», und das sagt er jeden Tag. Jeden Tag guckt er sich den Verband an und erzählt genau das Gleiche, dass da 'ne Narbe bleibt, dass das nicht schlimm ist, dass das später mal aussieht, als wär ich im Krieg gewesen. «Als wärst du im Krieg gewesen, junger Mann, da stehen die Frauen drauf», sagt er, und es soll wohl irgendwie tiefsinnig sein, aber ich versteh den Tiefsinn nicht, und dann zwinkert er mich an, und meistens zwinker ich zurück, obwohl ich's nicht verstehe. Schließlich hat der Mann mir geholfen, da helfe ich ihm auch.
Später werden unsere Gespräche besser, vor allem, weil sie ernster werden. Beziehungsweise, es ist eigentlich nur ein Gespräch. Als ich wieder humpeln kann, holt er mich in sein Zimmer, in dem ausnahmsweise mal ein Schreibtisch steht und kein medizinisches Gerät, und da sitzen wir uns dann gegenüber wie Firmenchefs, die den nächsten Deal eintüten. Auf dem Tisch steht ein menschlicher Oberkörper aus Plastik, wo man die Organe rausnehmen kann. Der Dickdarm sieht aus wie ein Gehirn, und vom Magen blättert die Farbe ab.
«Ich muss mal mit dir reden», sagt der Arzt, und das ist logisch der dümmste Gesprächsanfang, den ich kenne. Und dann warte ich, dass er mit Reden anfängt, aber das gehörtzu diesem Anfang leider dazu, dass man sagt, ich muss mal mir dir reden, und da