Totem und Tabu: Einige Übereinstimmungen im Seelenleben der Wilden und der Neurotiker ist ein 1913 erschienenes Buch von Sigmund Freud, dem Begründer der Psychoanalyse, in dem der Autor sein Werk auf die Bereiche der Archäologie, Anthropologie und die Religion anwendet — vier Essays, die von den Arbeiten von Wilhelm Wundt und Carl Jung inspiriert und erstmals in der Zeitschrift Imago veröffentlicht wurden:
Obwohl Totem und Taboo als einer der Klassiker der Anthropologie angesehen wurden, vergleichbar mit Edward Burnett Tylors Primitive Culture und Sir James George Frazers The Golden Bough, wird das Werk von Anthropologen heiß diskutiert. Der Kulturanthropologe Alfred L. Kroeber war ein früher Kritiker von Totem und Tabu und veröffentlichte 1920 eine Kritik an dem Werk.
Freud versucht in diesen Essays, Fragen der Völkerpsychologie mit den Mitteln der Psychoanalyse zu beantworten. Primitive Gesellschaften stehen, Freud zufolge, auf einer niedrigen Entwicklungsstufe der Menschheit; diese Stufe entspricht den frühen Entwicklungsphasen der Individuen — Fragen zum Totemismus, zur Exogamie, zum Tabu und zur Magie, die psychische Entwicklung des Kindes. Die Exogamie beruht auf inzestuösen Objektbeziehungen, das Tabu auf der Ambivalenz von Verbot und Begehren, die Magie auf der narzisstischen Überbesetzung der eigenen Gedanken, und Totemismus und Exogamie haben ihren gemeinsamen Ursprung in der ambivalenten Beziehung zum Vater. Eine weitere These des Buchs ist die vom Mord der Brüderhorde am Urvater als Quelle der Kultur.