«Und während wir noch ironisch verharmlosen, tanzt das ›Neue Denken‹ wie Rumpelstilzchen ums Feuer. Heute hol ich mir den Heimatbegriff, morgen das Volk, und übermorgen setze ich in die Praxis um, was hinter der Rhetorik steckt.»
Am Vorabend des Erntedankfestes besteigen Lou und Ottilie einen seniorengerechten Vier-Sterne-Reisebus, um eine Reise nach Thüringen und in die deutsche Vergangenheit anzutreten — zum Kyffhäuser-Denkmal. Lous zwanzigjähriger Sohn Anatol sitzt derweil betrunken in einem Flugzeug von den USA nach Deutschland und rekapituliert vor zwei Spielzeugnilpferden seinen Versuch, mit Hilfe einer Fruchtbarkeits-App eine Bilderbuchfamilie zu gründen. Und während die deutschtümelnde Leipziger Kleingartenanlage für das Erntedankfest aufrüstet, bereitet sich auch Karola auf die Verteidigung der Heimat vor, denn sie hat es satt, sich vom Kapitalismus ihre Geschichte diktieren zu lassen. 48 Stunden später kommt es zum Showdown: Anatol fesselt Karola an einen Baum, Kohlköpfe werden gesprengt und alle von ihrer eigenen Geschichte eingeholt, bis hin zur furchtbaren “Aktion Erntefest” 1943 im Generalgouvernement Polen.
Die Tür zwischen Fiktion und Realität ist in diesem rasanten Roman weit aufgerissen. Im Stil einer literarischen Kreissäge fräst sich «Trümmerfrauen» durch deutsche Geschichte und lässt Lebenswirklichkeiten aus Ost und West, Gegenwart und Vergangenheit aufeinanderprallen. Eine kämpferische Erzählstimme, die trotz ihrer berechtigten Wut nie die Empathie für ihre Figuren verliert.