Jane Harnish ist eine der wenigen Ladies ihres Standes, die arbeitet. Auch an ihrem Geburtstag. Janes Freundinnen nennen Janes Arbeitswut eine Schrulle, einen Spleen, denn: Eine Lady arbeitet überhaupt nicht. Männer arbeiten. Verdienen Geld. Machen Dollars. Das muß so sein.
In der Halle nebenan wird mit dem neuen Gas experimentiert. Dr. Westphal, wie eine große, giftige Spinne im Netz, findet Jane; wie er keinen anderen Ehrgeiz kennt, als neue Gase, neue Kombinationen zu ersinnen, die eine giftiger und furchtbarer als die andere. Er lagert den Tod hübsch in Flaschen und Gläser, denkt nur an seine Wissenschaft und nicht die Menschen, die sich einmal darunter winden werden… Was Jane erahnt, sind in diesen zierlichen Gläsern Kriege, die die Menschheit gleichermaßen faszinieren und erschrecken: Denn nichts ist so erschreckend wie das Unbekannte, das sich lautlos von hinten an uns heranschleicht und uns im Schlaf überrumpelt… So wie z.B. das Gas.
Durch die Augen Janes erleben wir das Grauen, das die Versuche Dr. Westphals mit sich führen und auch die Konsequenzen, die diese theoretischen Versuche im Laboratorium durch die graue Wirklichkeit ziehen. Der Chemiker, der sich gar nicht ausmalt, welch verheerende Folgen seine bemerkenswerten Versuche haben können – bis er plötzlich mittendrin steht. Eine Spur von Elend, gelenkt von Furcht zieht ihre düsteren Spuren. Doch auch das Gegengas wird erforscht. Nur: Die Formel wird patentiert und unter Verschluß gehalten. Erst spät wird klar, in wessen Interesse die jeweilige Forschung betrieben wird und welchen Platz Jane, Hr. Harnish und Dr. Westphal in diesem packenden Spiel einnehmen. Ist es zu spät für Frieden oder hat das Gas freien Lauf?
Mit diesem aktuellen Gedanken spielte Axel Rudolph bereits 1933 in seinem Roman, den er in den USA vorgehen lässt. Hier agitiert er gegen die (in der Fiktion unterstellte) militärische Giftgasproduktion. Heute ist die Furcht vor atomaren Katastrophen oder bakteriellen Angriffen nicht gänzlich aus der Luft gegriffen – und auch damals bangte man und verfolgte gleichzeitig neugierig die vermuteten Rüstungsbemühungen in den USA, Großbritannien, Frankreich usw. –
AUTORENPORTRÄT
Axel Rudolph (1893–1944) wurde als einziges Kind einer dänischen Mutter und eines schwedischen Vaters in Köln-Nippes geboren. Seine Kriminal- und Abenteuerromane, dessen Themen er aus seinem abenteuerlichen Leben schöpfte und verfremdet in ferne Länder verlegte, spielen in der Arktis, auf den Ölfeldern Venezuelas, auf hoher See, im Himalaya, in den USA, Asien oder den Großstädten Deutschlands und in Dänemark. Seinen Lebensweg kreuzten zahlreiche illustre und bekannte Personen, darunter der Afrika-Sachbuchautor Hermann Freyberg, unter dessen Namen er nach dem Ausschluss aus der Reichsschrifttumskammer – was praktisch ein Berufsverbot bedeutete – weitere Romane veröffentlichte. Rudolph veröffentlichte unter seinem Namen und den Pseudonymen Heinrich Weiler und Richard Erden. Silvester 1943 wurde der Autor verhaftet, weil er – trotz seiner unbeschwerten Literatur – während des zweiten Weltkriegs privat kein Blatt vor den Mund nahm. Dies kostete ihn letztendlich das Leben: Am 18. Juli 1944 stand er vor dem „Volksgerichtshof" und wurde zum Tode verurteilt. Am 30. Oktober starb er unter dem Fallbeil der Nationalsozialisten im Zuchthaus Brandenburg-Görden. Doch nun werden Axel Rudolph und seine Werke aus der ungebührlichen Vergessenheit zurück in die Gegenwart geholt. Exklusiv für Sie wiederentdeckt: Axel Rudolph, mitreißend wie noch nie zuvor!