„Langsam durch belebte Straßen zu gehen, ist ein besonderes Vergnügen. Man wird überspült von der Eile der anderen, es ist ein Bad in der Brandung." Das ist der inzwischen wieder berühmte Anfang von Franz Hessels „Lehrbuch der Kunst, in Berlin spazieren zu gehen". Der Sohn aus großbürgerlichem Hause ist eine der Wiederentdeckungen unserer Zeit, in der Berlin sich ein weiteres Mal ein neues Gesicht gibt. Dabei ist das Berlin der zwanziger Jahre, das Hessel in seinen gesammelten Feuilletons beschreibt, auch für das 21. Jahrhundert lebendige Legende. Auf der literarischen „Rundfahrt" z. B., die unter den Linden beginnt, über den Potsdamer Platz durch das Scheunenviertel hinter dem Alexanderplatz streift, zurück in den Schlossgarten führt und sich irgendwann in Richtung des „neuen" Charlottenburg wendet, um dann im Romanischen Café zu enden, finden wir moderne Zeitgenossen unser heutiges Berlin genauso wie längst verwehte Spuren. Aber Hessels Spaziergänge sind mehr als literarisches Sightseeing – sie werden zum lebendigen Geschichtskurs, der mit anspruchsvollem Klatsch und Anekdoten nicht spart. Und wer keine Lust auf Kultur hat, kann mit in ein „Monsterspeisehaus", wo der Familienvater die Spendierhosen anhat, oder in den Zoo. So entsteht mit jedem Kapitel der „Zauber der Stadt, von dem sie selbst kaum weiß".