Brazier, Gabriel et Dumersan: Les passages et les rues, ou la guerre déclarée Paris 1827 p 30
Ist ers von seinen standhaften Irrgänge〈n〉 her nicht gewohnt, das Bild der Stadt sich allerorten umzudeuten? Verwandelt er nicht die Passage in ein Kasino, in einen Spielsaal, wo er die roten, blauen, gelben Jetons der Gefühle auf Frauen setzt, auf ein Gesicht, das auftaucht – wird es seinen Blick erwidern? – auf einen stummen Mund – wird er reden? Was auf dem grünen Tuch aus jeder Nummer den Spieler ansieht – das Glück – blinzelt ihm hier aus allen Frauenkörpern als die Chimäre der Geschlechtlichkeit entgegen: als sein Typ. Der ist nichts anderes als die Nummer, die Chiffer, in welcher gerad in diesem Augenblick das Glück beim Namen will gerufen sein, um gleich darauf in eine andere umzuspringen. Der Typ – das ist das Fach des sechsunddreißigfachen Setzens, in das das Auge des Lüstlings ohne sein Zutun fällt wie die elfenbeinerne Kugel in die rote oder schwarze Kassette. Er tritt mit prallen Taschen aus dem Palais Royal, ruft eine Hure heran und feiert noch einmal in ihren Armen den Akt mit der Nummer, in welchem Geld und Gut, von aller Erdenschwere entbunden, vom Schicksal ihm wie die Erwiderung einer völlig geglückten Umarmung kamen. Denn in Bordell und Spielsaal ist es die gleiche, sündigste Wonne: In der Lust das Schicksal zu stellen. Daß Sinnenlust, von welcher Art sie sei, den theologischen Begriff der Sünde bestimmen könne, mögen ahnungslose Idealisten sich träumen lassen. Der wahren Unzucht liegt nichts anderes zu Grunde als gerade diese Entwendung der Lust aus dem Verlaufe des Lebens mit Gott, dessen Bindung an ihn im Namen wohnt. Der Name selber ist der Schrei der nackten Lust. Dies Nüchterne, Schicksalslose an sich – der Name – kennt keinen andern Gegner als das Schicksal, das in der Hurerei an seine Stelle tritt und sich im Aberglauben sein Arsenal schafft. Daher im Spieler und in der Hure der Aberglaube, der die Figuren des Schicksals stellt, der alle buhlerische Unterhaltung mit Schicksalsvorwitz, Schicksalslüsternheit erfüllt und selbst die Lust zu dessen Thron erniedrigt. [O 1, 1]